Hoch Hinaus!

Mächtig hohe Kletterwände

 
Auch für mich, bin ich immer wieder für eine Überraschung gut. Plötzlich überkam mich die Idee, mal Klettern zu wollen. Quasi vom Rollstuhl an die Kletterwand. Und weil es in Wuppertal die Handicap-Klettergruppe „die GäMSen“ gibt, bin ich da einfach mal hin. Huch! Riesig! Und so schön bunt hier. Mir wurde erklärt, dass es unterschiedliche Routen mit unterschiedlichen Schweregraden gibt. Deswegen haben die Griffe verschiedene Farben. Die pinkfarbene Strecke sei die „GäMSen-Route“. Diese wurde extra vom Betreiber der Kletterlocation in Zusammenarbeit mit den Mitgliedern der GäMSen-Truppe so einigermaßen auf die Bedürfnisse gehandicapter Menschen abgestimmt. Aha! 

„So, jetzt du, Petra“, sprach mich jemand von der Klettertruppe an. Da ging mir doch echt die Muffe! Nachdem man mich fachmännisch vertäut hatte, wurde ich mit Hilfe des Seils aus dem Rollstuhl in die Senkrechte gezogen. Automatisch schnappte ich nach dem nächstbesten Griff an der Wand. In diesem Moment fühlte ich mich ganz schön wackelig. Ging aber.



Step by Step

Nun setzte man mir einen meiner Füße auf so ein Griffding, der Sicherungsmann zog mich ein wenig höher, ich reckte mich zeitgleich ein Stück nach oben und erwischte die nächste pinke Haltemöglichkeit. Dasselbe noch einmal. Und noch mal. Dann war ich zu weit vom Boden weg, deswegen kraxelte ein Mädel aus dem Kletterverein neben mir und setzte abwechselnd meine Füße auf so ein Halteding. Stückchen für Stückchen und langsam wie in Zeitlupe, bewegte ich mich weiter nach oben. Jetzt nur nicht in Panik verfallen. Es konnte mir schließlich nichts passieren, war ich doch gut vertäut. Und wie wunderbar, meine Arme und Hände ließen mich nicht im Stich. Sie waren kräftig genug, mein Körpergewicht (mit Hilfe des Sicherungsmannes natürlich) zu halten. Immer das gleiche Prozedere: Aus eigener Kraft die Arme hochrecken, ein Halteding greifen, mich etwas hochziehen, gesetzte Füße und Aufschwung durch das Zugseil. Die meisten dieser Haltegriffe hatten guten Gripp bzw. eine gute Form, um sich daran festzuhalten. Ich konnte es kaum fassen! Plötzlich befand ich mich schon viele Meter vom Hallenboden weg. Wahnsinn! Und es ging noch höher hinauf. Als es oben dann nicht mehr weiterging, wurde ich ganz langsam wieder abgeseilt.

Im Adrenalinrausch

WOW! Als ich endlich festen Boden unter meinen Füßen hatte, war ich erst einmal platt und, noch voll im Adrenalinrausch. Ich konnte nichts sagen, schaute nur nach oben und begriff erst so langsam, dass ich gut gesichert und unterstützt durch ein wunderbares Team eine x-Meter hohe Wand rauf bin. Das war unglaublich emotional für mich. Fast den Tränen ein bisschen nah. In diesem Moment hatte ich totale Hochachtung für mich selbst. Und zugleich spürte ich eine große Dankbarkeit, dass es Menschen gibt, die es sich zum Ziel gesetzt haben, mir behilflich zu sein, diesen „Berg“ erklimmen zu können. Einfach weil es ihnen Freude bereitet, „uns“ gehandicapte Personen zu unterstützen. Und ich kannte sie alle noch nicht mal. Wo gibt es denn sowas heutzutage noch?